Erläutern Sie kurz Ihren Werdegang im Bereich Architektur.

Ich habe 1989 mit dem Architekturstudium an der Universität Hannover begonnen und 1995 bei Professor Schweger Diplom gemacht. Während des Studiums war ich im Büro von Johannes Peter Reuter tätig, um mir die notwendige Praxiserfahrung anzueignen. Nach dem Diplom habe ich 4 Jahre bei Dieter Neikes in Hannover gearbeitet. Mein eigenes Atelier habe ich dann 2000 eröffnet.

Was motiviert Sie in der heutigen (kritischen) Situation der Architekten, Ihren Beruf auszuüben?

Die Motivation nehme ich aus dem Bauen selbst. Ich verspüre immer wieder diese Faszination in den erdachten Räumen zu stehen. Zu erleben, dass die Materialität und die damit verbundene Ausstrahlung genauso ist, wie ich es mir in meinen Gedanken ausgemalt habe. Das schafft die Genugtuung für den immer mühsamen Weg. Zu spüren, dass sich der Aufwand gelohnt hat, jedes einzelne Detail in der Gesamtheit des Entwurfes entwickelt zu haben. Sehr häufig stehe ich lange alleine in den Räumen und lasse sie auf mich wirken. Die Kraft für die tägliche Arbeit nehme ich aus diesen Gefühlen. Ich glaube, es ist eine unheimlich große Willenskraft notwendig, um außergewöhnliche Architektur zu schaffen und sich jeden Tag wieder neu zu motivieren.

Was macht das Bauen in diesem Land schwierig?

Wir sind in diesem Land wenig experimentierfreudig. Dem Neuen wird meistens mit Skepsis entgegengetreten. Die Strukturen sind häufig viel zu eingefahren. Diese aufzubrechen, ist äußerst schwierig und erfordert viel Kraft. Deutschland ist ein Land der begrenzten Möglichkeiten geworden. Besonders die öffentliche Hand gibt den jungen Architekten kaum eine Chance. Es werden immer die selben Architekten beschäftigt, die schon Jahrzehnte Aufträge erhalten. Nur so kommen wir nicht weiter. In anderen Ländern zählt jugendliche Frische mehr als Erfahrung. Wie soll ein Aufbruch stattfinden, wenn dem Nachwuchs keine Chancen eingeräumt werden? Ich muss als Architekt nicht schon fünf Museen gebaut haben, um diese Aufgabe umsetzen zu können. Leider setzt sich das in den Köpfen der Entscheidungsträger nicht durch. Im Gegensatz zu anderen Ländern sind in Deutschland die Entscheidungsträger oft zu alt. Auch in der Wirtschaft ist es dringend notwendig, dass ein Verjüngungsprozess einsetzt. Das Problem ist, dass diese Versäumnisse in den wirtschaftlichen Prozessen 15 Jahre benötigen, um wieder Anschluss zu finden. Das notwendige Geld für Investitionen ist vorhanden, nur das Vertrauen bei den Investoren und in der Bevölkerung ist verloren gegangen. Dieses zieht sich durch alle Bereiche und besonders auch durch die Bauwirtschaft, wo hohe Investitionen notwendig sind.

Wofür steht Ihre Architektur? Welche Philosophie verfolgen Sie?

Meine Architekturauffassung beruht auf einem Grundgedanken. Ich glaube, die Menschen streben nach Ruhe und Harmonie. Die Entwicklung der Gesellschaft verläuft wider den eigentlichen Grundzügen des Menschen. Ob es in der Werbung, in Filmen oder auch in der Musik ist, es werden immer mehr Reize in einer Sekunde untergebracht. Noch mehr Beats in eine Sekunde zu pressen, ist für mich kein Anreiz. Ich versuche, den Menschen Ruhe und Geborgenheit zu geben. Dieses mit einfachen, natürlichen Elementen. Ich spreche dabei von traditioneller Einfachheit. Die verwendeten Motive sind häufig von historischen Gebäuden abgeleitet. So wird beispielsweise das Motiv einer klassischen italienischen Arkade mit Sichtbetonstützen neu interpretiert. Es ist immer die Suche nach Einfachheit, die Dinge noch weiter zu reduzieren. Ein leerer Raum ist für mich das Optimum an Schönheit. Deshalb ziehen mich museale Räume auch so sehr an. Diese Einfachheit muss für mich allerdings ein Maximum an Ausstrahlung besitzen. Diese Ausstrahlung erzeuge ich durch das Zusammenspiel von natürlichen Materialien und der entsprechenden Licht- und Schattenführung. Zu Beginn einer Aufgabe lege ich als erstes die Ausstrahlung des Gebäudes und somit die Materialität fest. Bevor der erste Strich auf dem Papier gezeichnet wird, steht die Materialität bereits fest. Diese Aussage wird bis in das letzte Detail beibehalten. Mir geht es um die Suche nach Massivität, nicht nach Leichtigkeit. Leichte Materialien setze ich nur in Kombination mit einer Schwere, mit einer Massivität ein. Ich möchte, dass meine Gebäude altern, sie sollen Falten bekommen, wie wir Menschen, dürfen Laufspuren von Wasser erhalten und dürfen sich verändern. Ein reines Glasgebäude hat für mich nicht den Anspruch an Ausstrahlung, den ich an mich stelle. Die Patina der Materialien ist mir sehr wichtig und Bestandteil der Ausstrahlung meiner Bauwerke. Der sinnliche Ausdruck, das Wecken von Gefühlen, spielt bei mir eine sehr entscheidende Rolle. Sicherlich bin ich durch meine Kindheit in Hildesheim, umgeben von romanischen Kirchen, architektonisch geprägt.

Inwiefern beziehen Sie das Umfeld mit ein?

Die Umgebung ist mir immer sehr wichtig. Dabei gilt es Bezüge herzustellen oder sich bewusst abzugrenzen. Je nach Situation muss eine eigene Lösung gefunden werden und entsprechend auf das Umfeld reagiert werden. Jedes Gebäude hat auf seine Art und Weise ein eigenes Gesicht und dieses ist immer auch durch den Ort begründet. Da der Umgang mit Licht und Schatten neben der Materialität ein Ansatzpunkt meiner Architektur ist, wird die Ausrichtung zur Sonne genauestens bedacht. Nur so kann neben der energetischen Komponente beispielsweise die Ausarbeitung von rauen Materialien durch den Schattenwurf gelingen.

Gibt es einen roten Faden, der sich durch all ihre Arbeiten zieht?

Der rote Faden ist die Philosophie, die bei allen Arbeiten beibehalten wird. Selbst bei den Möbelentwürfen und dem Produktdesign finden sich die Komponenten der sinnlichen Einfachheit und Reduziertheit wieder. Ich glaube, man kann Architektur nur entsprechend seines eigenen Charakters entwickeln. Somit sind die Grundgedanken trotz unterschiedlicher Aufgaben immer die gleichen.

 Wie definieren Sie Architektur? Was soll und muss sie heute und zukünftig leisten (z.Bsp. zur Lösung sozio-demographischer Probleme)?

Um von Architektur zu sprechen, gehört für mich eine Philosophie dazu. Gedanken, die transformiert werden. Es gibt verschiedene Ansätze und Strömungen, bei denen nicht gesagt werden kann, diese oder jene ist richtiger, aber es muss eine Geisteshaltung erkennbar sein. Leider ist dieses zu selten der Fall. Heutzutage werden 75 Prozent der Bauten ohne Architekten ausgeführt. Die Veröffentlichungen in den Fachzeitschriften geben kein Bild über die Gesamtheit des Gebauten. Dies sind rühmliche Ausnahmen. Einen Anspruch, den ich vertrete, ist die Zeitlosigkeit. Da wir als Architekten im öffentlichen Raum wirken, besteht für mich die Verantwortung, das Gebaute auch für nachfolgende Generationen aktuell zu halten. Dies ist auch eine Nachhaltigkeit. Aus diesem Grund finden sich in meinen Werken keine modischen Anklänge. Für mich besteht beispielsweise auch in einer Filigranität eines Tragwerks erst mal keine Faszination. Was heute technisch möglich ist, kann in 50 oder 100 Jahren vielleicht belächelt werden. Wir wissen nicht, wohin der Weg führt. Es zählt für mich nur die Ausstrahlung des Raumes und diese Ausstrahlung ist bleibend. In diesem Zusammenhang kann eine filigranes Tragwerk wieder interessant werden, aber nicht aus seinem rein technischen Aspekt. Architektur muss leisten, für die Bedürfnisse der Menschen dazusein. Verantwortung bedeutet für mich auch, nur das Notwendige zu bauen. In den neuen Bundesländern wurde bewusst an den Bedürfnissen der Menschen vorbei geplant. Die Leerstände an Wohnungen sind absehbar gewesen. Der Leerstand bringt heute weitere soziale Probleme mit sich. Wie soll ein Jugendlicher in dieser Umgebung in eine Aufbruchsstimmung verfallen und Mut für die Zukunft schöpfen?

Wie hat sich das Verhältnis zwischen Architekt und Bauherr in den letzten Jahrzehnten verändert?

Das ist schwierig zu sagen. Ich glaube, das Verhältnis zu den privaten Bauherren hat sich nicht grundlegend verändert. Vielleicht müssen wir mehr Überzeugungsarbeit leisten, weil zunehmend die Entscheidungen über den Preis gefällt werden und die Qualität in den Hintergrund rückt. Es wird schwieriger gute Firmen zu beteiligen, da sie für ihre Qualität einen höheren Preis fordern. Meist wird der günstigste Bieter gewählt. Der Umgang mit dem Bauherren selbst hat sich nicht verändert, wir versuchen immer ein angenehmes Miteinander zu schaffen. Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn ein Bauherr sich auf den Schaffensprozess mit mir einlässt, was sicher nicht immer einfach ist. Gewandelt hat sich aber sicherlich das Verhältnis zwischen Architekt und Bauherr bei Großprojekten. Da mittlerweile fast überall Projektentwickler zwischengeschaltet sind, ist das Verhältnis aus meiner Erfahrung distanzierter geworden. Gute Projektentwickler sind leider auch sehr selten. Die weniger guten erschweren den Bauprozess nur unnötig. Mir persönlich ist der direkte Kontakt zum Bauherren äußerst wichtig. Um meine Bauherren persönlich betreuen zu können und um die Architekturqualität bei jedem Projekt zu verwirklichen, arbeite ich bewusst nur mit einem kleinen eingespielten Team. Ich möchte die Flexibilität haben, Projekte absagen zu können und auf rein kommerzielle Aufgaben zu verzichten.

Inwiefern muss sich der Architekt heute umstellen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen?

Eine Offenheit auch gegenüber anderer Betätigungsfelder als der klassischen Architektur, erachte ich als sehr wichtig. Meine Aufgaben reichen bis in die Bereiche Grafikdesign, Produktdesign oder die freie Kunst hinein. Selbst das Gestalten von Web-Seiten ist uns nicht fremd. Ich glaube, dass wir uns als kreative Architekten nicht scheuen dürfen, auch über den Tellerrand hinauszuschauen. Das Gestalten mit unseren Kenntnissen bezüglich Proportions- und Farbenlehre kann uns in vielen Bereichen hilfreich sein. Selbst im Bereich der Photographie finde ich interessante Aufgabenfelder. Der Markt ist für uns Architekten sehr eng geworden, deshalb gilt es für jeden einzelnen entsprechende Nischen zu finden. Auf Dauer wird die Qualität sich durchsetzen. Es wird auch in unserem Bereich eine Bereinigung des Marktes stattfinden. Wichtig ist zur Zeit Ausdauer zu haben und der eigenen Linie treu zu bleiben.

Trägt der deutsche Architekt eine gewisse Mitschuld an der schlechten Auftragslage? Hat man sich zu wenig international ausgerichtet? Welche Lösungsansätze wären Ihrer Meinung nach die richtigen?

Ich denke, eine gewisse Mitschuld lässt sich nicht ganz verleugnen. Wir sind weniger flexibel, was neue Märkte angeht. Es gibt eine gewisse Scheu sich auch in neuen Gewässern zurechtzufinden. Die eingefahrenen Strukturen in Deutschland hemmen die Offenheit gegenüber internationalen Aufgaben, obwohl der deutsche Architekt im Ausland ein hohes Standing genießt. Der chinesische Markt ist sehr offen, was die deutsche Architektur angeht. Es werden ganze Siedlungen errichtet, die im deutschen Stil gebaut werden, was immer das auch heißt. Allerdings schafft es die Politik nicht, auch kleine und mittelgroße Büros für die Projekte zu empfehlen. Das Betätigungsfeld obliegt einzig den großen Büros, die entsprechende Möglichkeiten zur Präsentation haben. In diesem Bereich könnten entsprechende Förderungen sicher hilfreich sein. Wenn man die Qualität der deutschen Architektur auf dem Weltmarkt betrachtet, müssen wir uns allerdings kritisch fragen, warum wir nicht den Standard anderer Länder erreichen. Unsere Nachbarn wie Österreich oder auch die Schweiz haben in meinen Augen zur Zeit eine wesentlich qualitätsvollere Architektur zu bieten. Es gibt in Deutschland für mich zur Zeit kein Büro das Weltruhm erlangt. Woher kommt das? Ich glaube, dass die Architektur oftmals zu angepasst und zu kommerziell ist. Es gibt kaum Büros die einen eigenständigen Weg gehen. Der Mut anders zu sein, fehlt sehr häufig. Für mich ist nicht die Bausumme des Projektes entscheidend, sondern nur die Qualität des Gebauten. Uns fehlen Einzelkämpfer mit Idealen wie es Heinz Bienefeld war. Einer der für mich herausragendendsten Architekten, die Deutschland je hervorgebracht hat. Ich glaube der einzige Weg der uns nach vorne bringt, ist den Mut zur Eigenständigkeit und Individualität aufzubringen. Gebäude mit Charakter zu erschaffen. In Österreich und der Schweiz gibt es zahlreiche junge Büros die sehr hochwertige Qualität liefern. In Deutschland gibt es leider nur sehr wenige Büros, die diesen Standard erreichen. Eine Teilschuld sehe ich dabei allerdings auch bei der Fachpresse. Wie selten werden junge Büros veröffentlicht. Viel lieber wird das zigste Gebäude eines namhaften Architekten gezeigt. Auch hier fehlt der Pioniergeist nach Neuem Ausschau zu halten. Dabei ist es so erfrischend beispielsweise das schweizer Magazin Hochparterre zu lesen, das einen etwas anderen Weg einschlägt. Um noch mal auf die Mitschuld der Architekten zurück zu kommen. Ich glaube, dass die Darstellung der deutschen Architekten teilweise zu zurückhaltend ist. Besonders die kleineren Büros denken nur in ihrem regionalen Umfeld, der europäische Markt ist vollkommen fern. Wir konnten letztes Jahr einen Innenausbau für ein Hotel in Südtirol verwirklichen und die Erfahrungen möchte ich nicht missen. Mir ist der persönliche Umgang mit den ausführenden Firmen sehr wichtig. Nur durch deren Mithilfe und Verständnis ist meine Architektur umsetzbar. Das nahezu freundschaftliche Verhältnis und das Miteinander in Südtirol war nochmals eine Steigerung, an das ich mich gerne erinnere. Solche Erfahrungen sind auch hilfreich für die folgenden Projekte in Deutschland.

Architektur hat in anderen europäischen Ländern einen anderen Stellenwert als bei uns, ist wesentlicher Bestandteil der nationalen Kulturpolitik. Warum nicht auch so bei uns?

Das ist einen Frage, die ich mir auch immer stelle. Ich weiß nicht, warum Architektur in unserer Gesellschaft so wenig Beachtung findet. Eine wirkliche Architekturdiskussion findet eigentlich nicht statt. In der Tagespresse ist über Architektur kaum etwas zu lesen. Es ist sehr seltsam, wie wenig Bildung im Bereich Architektur in unserer Gesellschaft vorhanden ist, obwohl es jeden von uns täglich umgibt. Diskussionen über Kunstwerke sind viel verbreiteter als über Architektur. Dass in Deutschland sehr viel belanglose Architektur entstehen kann, ist ein Zeichen für den geringen Bildungsstand in unserem Bereich. Der Anspruch an qualitativ hochwertige Architektur ist kaum gegeben. Natürlich gibt es einige große Firmen, die ihre Qualitätsansprüche auch in ihren Bauwerken zeigen wollen, nur wir müssen uns immer vor Augen halten, dass dies ein ganz geringer Prozentsatz an dem Gesamtvolumen ist. Die Masse der gebauten Werke spricht eine ganz andere Sprache. Die Initiative für Baukultur der Bundesregierung ist sicher ein richtiger Ansatz, aber ich glaube, es müsste sich grundsätzlich etwas ändern. Um Architektur in unserer Gesellschaft zu einer festen Größe zu erheben, müsste schon in ganz jungen Jahren über Architektur diskutiert werden. An den Schulen sollte der Bereich Architektur eine Selbstverständlichkeit einnehmen. Natürlich gibt es viele weitreichende Probleme an unseren Schulen, aber ich möchte mich auf den Bereich Architektur beschränken. Die Architektur bietet so vielfältige Ansatzpunkte, ob es die Formgebung, Materialität, Funktion oder auch sozialpolitische oder ökonomische Bereiche sind, die die Kinder und Jugendlichen für ihre Ausbildung schulen könnten. Nur wenn wir ganz unten anfangen, können wir über Generationen einen anderen Stellenwert der Architektur erreichen. Ich glaube, dass wir in unserer Schulpolitik auf einem falschen Weg sind. Wir müssen dahin kommen, die Schüler entsprechend Ihren Veranlagungen zu fördern. Durch spezielle Test könnte man beispielsweise in der 5. Klasse Begabungen herausfiltern. Dafür gibt es ausgebildete Coaches, die so etwas beherrschen. Ein Grundwissen in allen Bereichen ist natürlich eine wichtige Voraussetzung und dazu zähle ich auch die Architektur. Uns ist mit den Jahren die Elite verlorengegangen. Wir produzieren viel Masse statt Klasse. Aus diesem Grund sehe ich die Förderung unserer Elite als eine der wichtigsten, die Deutschland bewältigen muss. Nur so kommen wir wieder nach vorne und können zu anderen Ländern aufschließen. In anderen europäischen Ländern wurde dieses früher erkannt. Ich weiß nicht, ob es einen direkten Zusammenhang gibt, aber die Identifikation mit Architektur ist in anderen europäischen Ländern eine weit aus höhere. Mich fasziniert jedes Mal bei meinen Aufenthalten im Vorarlberg, wie selbstverständlich dort mit zeitgenössischer Architektur umgegangen wird. Der Anspruch, auch privater Bauherren, an die Architektur ist ein ganz anderer. Selbst bei kleinsten Zubauten ist der Qualitätsanspruch enorm hoch. Architektur hat bei der Bevölkerung ein anderes Ansehen als bei uns. Es herrscht ein reges Interesse vor. Man kann die Menschen auf der Straße ansprechen und nach Gebäuden fragen. Es ist immer eine Kenntnis vorhanden. Ich stelle einen gewissen Stolz und eine Identifikation fest und wäre froh, wenn sich dies auch bei uns einmal durchsetzen würde.

Wie beurteilen Sie die Ausbildung zum Architekten an den deutschen Hochschulen?

Ich stehe der Ausbildung sehr kritisch gegenüber. Das Studium dauert meist 5 bis 6 Jahre und trotzdem sind die Studenten auf das Aufgabenfeld des Architekten nur in einem Bruchteil ausgebildet. Es ist eigentlich kein Absolvent in der Lage, seine Gedanken auch baulich umzusetzen. Das Wissen im Bereich Konstruktion ist fast immer gleich null. Auch die baurechtliche Seite wird meist nur angerissen. Materialkunde findet so gut wie gar nicht statt. Bearbeitung von Materialien, wie sieht ein scharrierter Naturstein aus oder wie unterschiedlich die Kantenbearbeitung sein kann, all diese Dinge, die gerade für ausdrucksstarke sinnliche Architektur notwendig sind, werden nicht wirklich behandelt. Es ist nicht die Schuld der Studenten, vielmehr der Lehrinhalte. Die Qualität der Ausbildung nimmt in den letzten Jahren stetig ab. Einen Grund dafür sehe ich auch in dem übermäßigen Einsatz von Computern. Das Layout wird viel zu sehr in den Vordergrund gestellt. Dass es eigentlich um Architektur geht, gerät häufig in den Hintergrund. Ich merke selber bei den Studenten, wie fasziniert sie von 3d-Animationen sind und dabei übersehen, dass der Entwurf nicht gut ist. Durch den Computereinsatz sieht erst mal jede Zeichnung sehr perfekt und richtig aus, dieses sehe ich als große Gefahr, wenn die Erfahrung fehlt. Ich stelle auch vermehrt fest, dass eine ausdrucksstarke Handskizze nicht mehr beherrscht wird. Die skizzenhafte Darstellung einer Idee ohne Computer wird zu wenig geübt. Die Missstände in der Ausbildung werden für mich durch die Einführung des AiP nur noch bekräftigt. Es zeigt, dass die Berufsvorbereitung unzureichend ist und die Ausbildung von den Büros übernommen werden soll, obwohl dieses zum Grossteil sowieso schon geschieht. Der Wandel der Fachhochschulen in den letzten Jahren kann ich ebenfalls nicht gut heißen. Früher konnte ich für den Bereich Ausführungsplanung ohne zu zögern jemanden von der Fachhochschule beschäftigen. Seit einigen Jahren wird auch an den Fachhochschulen vermehrt auf Entwurf gesetzt und der Bereich Konstruktion nicht mehr mit dieser Qualität wie früher gelehrt. So ist auch bei den Absolventen der Fachhochschulen hier ein Defizit entstanden. Ich glaube, wir müssten die Ausbildung zum Architekten neu strukturieren. Um auch in der Ausbildung wieder eine höhere Qualität zu erreichen, müssten auch hier neue Wege beschritten werden. Ich plädiere für einen viel stärkeren Praxisbezug. Die notwendigen Praktika sind mir zu wenig. Das Studium sollte mit einem Praxisanteil gekoppelt werden. Beispielsweise könnten die Studenten zwei Tage fest im Büro arbeiten und an den übrigen Tagen an den Hochschulen studieren. Ich glaube, wir könnten so die Ausbildung und die Berufsvorbereitung um einiges steigern.

Was würden Sie Architekturstudenten raten, um sich optimal auf das Berufsleben vorzubereiten?

Den eben angesprochenen Praxisbezug. Also frühzeitig im Studium nebenher in einem Büro zu arbeiten. Und dies möglichst kontinuierlich. Ein ganz wichtiger Punkt für mich ist die Persönlichkeitsbildung. Ich mache den Studenten immer deutlich, dass sie entsprechend ihres eigenen Charakters entwerfen müssen. Herauszubekommen, wie denke ich, was ist mir wichtig, nicht was gefällt dem Professor. Ich versuche Ihnen immer zu verdeutlichen, dass sie nicht genauso entwerfen können, wie zum Beispiel ich es tue, weil sie anders denken, weil sie anders aufgewachsen und anders geprägt sind. Das sehe ich als eigentliche Aufgabe. Zu lernen, was der architektonische Charakter eines jeden ist. Aus diesem Grund rate ich auch immer vor neuen Entwurfsaufgaben nicht wild Zeitschriften zu blättern, sondern vielmehr nachzudenken, was will ich eigentlich, was ist mir wichtig bei dieser Aufgabe, was entspricht meinem Denken. Empfehlen kann ich immer nur in einem sehr guten Büro zu arbeiten, was nicht unbedingt ein namhaftes sein muss. Für mich ist es uninteressant in welchem Büro ein Bewerber gearbeitet hat. Wichtig ist mir nur, was er dort gemacht hat. In namhaften Wettbewerbsabteilungen Bäumchen und Personen in die Pläne einzuarbeiten halte, ich für wenig sinnvoll, um architektonisch weiterzukommen.

Wie sieht Ihr Netzwerk zu anderen Dienstleistern, z.B. Ingenieuren aus?

Für mich ist eine verlässliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet sehr wichtig. Wir arbeiten eigentlich grundsätzlich mit dem Büro Roeding-Ingenieure aus Darmstadt zusammen. Das Verständnis für meine Architektur gibt dabei den Ausschlag. Ich muss keine Erklärungen abgeben, sondern es ist dass Bewusstsein vorhanden, dass es nicht einen Punkt an meinen Gebäuden gibt, der nicht wichtig ist und entsprechend wird es behandelt. Genauso gibt es die Zusammenarbeit im Bereich Licht mit der Firma Lichtbreust aus Hannover. Aber für mich zählt auch eine gute Zusammenarbeit mit unserem Repro-Dienst dazu. Wie oft geht es bei Plots um Farbnuancen, ob ich zufrieden bin oder nicht. Dafür kann mein Dank an HRD nie groß genug sein. Durch den Datentransfer per Mail spielt es heute keine Rolle mehr, wo die Partner sitzen. Eine gute Zusammenarbeit in allen Bereichen ist eine Grundvoraussetzung meines Schaffens. Auch mit den Handwerksfirmen gibt es einen regen Austausch und häufig sogar ein freundschaftliches Verhältnis. Eine gegenseitige Wertschätzung erachte ich als sehr wichtig. Der gute Umgang erleichtert das Arbeiten ungemein und man gelangt einfacher an das gewünschte Ziel.

Wie wichtig sind Wettbewerbe für Sie? Warum?

Meine Erfahrungen mit Wettbewerben sind nicht sehr gut. Die Wettbewerbserfolge wurden nie gebaut. Wir haben letztes Jahr einen Wettbewerb für einen Schulbau gewonnen und aus nicht erklärlichen politischen Gründen wird der zweite Preis gebaut. Allerdings haben wir dadurch einen anderen Auftrag erhalten, aber insgesamt stehe ich Wettbewerben sehr kritisch gegenüber. Es werden immer mehr Leistungen abgefordert und die Beurteilung der Ergebnisse führt bei mir häufig zu großer Verwunderung. Es gibt selten eine gute Jury, entsprechend sind auch die Beurteilungen. Wenn ich sehe, wie die Jurys zusammengesetzt sind, dann ist die Urteilsfindung nicht mehr so verwunderlich. Wirklich gute Juroren sind meistens nur bei großen Wettbewerben zu finden. Dies sind dann häufig Einladungswettbewerbe, bei denen junge Architekten wie wir keine Chance auf Teilnahme haben. Mir ist bewusst geworden, dass ich für meine konsequente Architektur auch eine sehr gute Jury brauche, sonst ist die Teilnahme verschwendete Zeit. Um den Nachwuchs zu fördern, fände ich es wichtig Wettbewerbe auszuloben, die speziell nur für Architekten unter 40 offen sind. Vorbilder gibt es beispielsweise in Holland.

Nehmen Sie derzeit an einem Wettbewerb teil?

Nein, zur Zeit beteiligen wir uns an keinem Wettbewerb. Auf Grund meiner schlechten Erfahrungen habe ich mich entschlossen, vorerst nicht mehr an offenen Wettbewerben teilzunehmen. Wir sollen bei zwei interessanten Wettbewerben eingeladen werden, sofern diese zu Stande kommen. Bei der schlechten wirtschaftlichen Gesamtlage gelangen viele Wettbewerbe gar nicht mehr zur Auslobung, weil dafür keine Mittel bereitgestellt werden. Bei diesen beschränkten Wettbewerben würden wir uns allerdings beteiligen, sofern die Jury qualitätsvoll besetzt wird.

Welches Gebäude, das Sie noch nicht gebaut haben, würden Sie gerne bauen? Erklärung!

Es gibt zwei Aufgaben, die mich besonders reizen würden. Beide Projekte lassen sich mit meiner gedanklichen Einfachheit sehr gut verbinden. Einerseits würde mich ein Museumsbau sehr interessieren, andererseits ein Sakralbau, eine Kirche oder ein Kloster. Den besonderen Reiz sehe ich in der Reinheit der Räume. Die Möglichkeit und Gestaltung der Leere. In beiden Aufgaben empfinde ich die Faszination, eine ungeheure Ausstrahlung mit meinen Ansätzen von Materialität, Schwere und Lichtführung zu gestalten. Die Sinnlichkeit durch die Fügung dieser Elemente zu erlangen und so die Empfindungen der Menschen anzuregen, bewusst Gefühle zu erzeugen. Komponenten wie Enge, Weite oder Helligkeit und Dunkelheit. Oder auch Rauigkeit und Glattheit. Bei beiden Gebäuden sehe ich ein große Gestaltungsmöglichkeit und meine Gedanken zur Lichtführung könnte ich sehr eindrucksvoll umsetzen. Eine weitere spannende Aufgabe für mich wäre ein Steg am Wasser, welcher im eigentlichen Sinn kein Gebäude ist, aber für mich einen großen Reiz ausübt. Die Einfachheit der Materialien in Verbindung mit der Einfachheit der Funktion. Dazu die Geräusche des Wassers und die sichtbare Veränderung des Materials unter der Einwirkung dieses Elements. Auch diese raumgreifende Geste, obwohl der Steg für sich klar ablesbar ist, finde ich reizvoll. Ja, Stege haben eine faszinierende Ausstrahlung auf mich und wären eine Aufgabe, die ich gerne einmal verwirklichen würde.

Wie empfinden Sie das Verhältnis zwischen Architektur und Kunst? Plädieren Sie für mehr „Bau als Kunst“ oder umgekehrt? Man denke an die Libeskind Diskussion um den Freedom Tower, NY!

Es sollte eine Symbiose von beidem sein. Den klassischen Begriff Baukunst finde ich richtig. Dass ein Gebäude funktionieren muss, ist für mich selbstverständlich und eine Grundvoraussetzung. Der künstlerische Ansatz gehört für mich aber genauso dazu. Um eine Ausstrahlung und die damit verbundene Aussage eines Gebäudes zu erzeugen, ist es notwendig, künstlerische Gedankengänge zu verfolgen. Die Ausarbeitung einer Habtheit, verbunden mit genauester Proportionierung, sind Arbeitsweisen, die auch freie Künstler benutzen. Meine materialabhängige Arbeitsweise, bei der es unter anderem um Oberflächenbeschaffenheiten geht, die den Reflexionsgrad des Lichtes beeinflussen, oder auch die skulpturalen Ansätze, empfinde ich als sehr künstlerisches Arbeiten. Die Umsetzung selbst, bei der es beispielsweise um Konen von Ankern, Versorgungsleitungen, Aufteilungen von Heizkreisen geht, ist wiederum sehr technisch und nicht unbedingt als künstlerisch zu betrachten. Aus diesem Grund spreche ich von einer Symbiose aus Architektur und Kunst. Architektur umfasst für mich beide Komponenten. Die Diskussion um den Wiederaufbau des World Trade Centers ist eine sehr eigene. Die Grundgedanken von Daniel Libeskind haben mir gefallen, aber dies ist genau ein Beispiel, dass die Kommerzialisierung für gute Architektur häufig tödlich ist. Bei dieser ganz sentimentalen Aufgabe wäre es richtig gewesen, wenn die Politik eingegriffen hätte. Die Wichtigkeit für Amerika ist so immens, dass dies berechtigt gewesen wäre. Anstatt Menschen und  Geld in einem unnützen Irak-Krieg zu vernichten, hätte hier ein positives Zeichen gesetzt werden können. Es gab eine sehr große Chance, den Zugang zu zeitgenössischer Architektur in der Bevölkerung zu verbessern. Durch die jetzige unbefriedigende Entwicklung sehe ich die Chance als vergeben an. Meine Gedanken zum Wiederaufbau waren im Ansatz sehr konträr dessen, was wir von den namhaften Kollegen kennen. Ich hätte die Türme in gleichen Maßen mit einem veränderten Äußeren wieder aufgebaut. Das Wahrzeichen New Yorks mit sichtbaren Wunden darzustellen, war meine Thematik. Den gesamten Platz hätte ich als Wasserfläche gestaltet, dort wo die Türme ursprünglich standen, wäre eine Leere entstanden. Die Türme selbst ständen leicht versetzt im Wasser. Begehbar nur unterirdisch, um das Gedenken und die Ruhe äußerlich nicht zu stören. Die Gedenkstätten befänden sich in den Ebenen oberhalb der Einschlagstellen der Flugzeuge. Dem Himmel so nah. Die Türme hätten jeweils die Höhe bis zu den Geschossen, in die die Flugzeuge eingeschlagen sind. Somit ergebe sich eine verschiedene Höhe. Die Silhouette würde mit transluzenten Glasaufbauten bis zur damaligen Höhe vervollständigt. Diese unglaublich hohen Räume wären die Gedenkstätten. Die leuchtenden Kuben eine Sichtbarmachung der Geschehnisse vom 11. September. Weit sichtbar über der Stadt. Wiederhergestellt und dennoch nie wieder richtig ganz. Eine angemessene Thematik, die ich gerne bei einigen Ansätzen gesehen hätte.

Woher holen Sie sich Ihre Inspirationen?

Die Ideen entstehen sehr häufig durch Dinge, die ich in der Landschaft aufnehme. Ich speichere ein Repertoire an Bildern ab, auf die ich zurückgreife. Sehr oft geschieht dies bei Bergwanderungen in den Alpen. Dies kann eine Baumrinde sein oder auch verwitterte Holzschindeln. Das Motiv der Reihung durch natürliche gewachsene Elemente oder auch die Bildung von Räumen durch freistehende Bäume. Sehr wichtig ist bei mir auch das Begreifen. Wie fühlt sich kalter Stahl an oder wie fühlt sich eine durch die Sonne gewärmte Holzbank an. Einfach auf einer Bergwiese zu liegen und die Landschaft mit ihren Facetten zu beobachten, empfinde ich als sehr inspirierend. Die Architektur von Berghütten mit ihrer traditionellen Einfachheit geben mir viele Ideen. Für mich ist eine Grundvoraussetzung eines Architekten, sehen zu können. Dass die Wirkung eines Zementputzes und eines Gipsputzes im Licht eine sehr unterschiedliche ist, sollte man erkennen und abspeichern können. Genauso hole ich mir auch durch Musik Inspirationen. Die Vielfältigkeit der Musik, ob Klassik, Rock oder R`n`B, finde ich sehr ideenreich. Die Art und Weise wie mit einfachen Noten ein Rhythmus geschaffen wird, ist in der Architektur sehr ähnlich. Die Stellung von Stützen erfolgt auch in einem engen oder weiten Raster. So können schnelle oder langsame Abfolgen erzeugt werden. Es entstehen entsprechende Gliederungen wie in der Musik. Weitere Inspirationen hole ich mir aus der Kunst. Das reicht von Proportionsgebung über Strukturen oder auch Farbigkeit. Selbst die Photographie bietet mir eine unglaubliche Kraft, die sich auf die Architektur übertragen lässt. Die Aussagestärke von Reportagephotos eines James Nachtwey sind für mich unglaublich. Sehr häufig finde ich im Bereich Kunst Lebensläufe, die einen ermutigen, einen eigenen unangepassten und unbequemen Weg zu gehen.

Man spricht von intelligenter Architektur! Wie empfinden Sie diesen Begriff und wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis diese Architektur vieler Orts zum Standard wird?

Mir ist der Begriff intelligente Architektur häufig zu technisch behaftet. Ich denke dabei traditioneller. Für mich ist auch eine massive Wand als speicherndes Element oder ein Putz, der das Raumklima durch seine Eigenschaften reguliert, intelligent. Die technischen Komponenten wie beispielsweise Lüftungsanlagen oder auch doppelschalige Glasfassaden sind für mich nur zweitrangig intelligent. Die Gesamtheit muss stimmig sein. Die richtige Ausrichtung eines Gebäudes mit Öffnungen und geschlossenen Elementen ist für mich Ansatz eines intelligenten Gebäudes. Aber auch die Empfindungen, die durch die Architektur ausgelöst werden, sind für mich Komponenten einer intelligenten Architektur. Die Therme in Vals von Peter Zumthor ist für mich ein unglaublich intelligentes Gebäude, obwohl wahrscheinlich die wenigsten bei der Begrifflichkeit dieses als Beispiel anführen würden. Ein intelligentes Gebäude zu erschaffen, ist für mich selbstverständlich, aber meine Definition ist eine etwas andere. Der Aspekt der Zeitlosigkeit ist für mich der vielleicht wichtigste, den intelligente Architektur übernehmen sollte. Auch in 100 Jahren noch aktuell zu sein und die entsprechenden Funktionen zu erfüllen. Dieses bedeutet, eine Haltbarkeit und Langlebigkeit zu erzeugen. Auch dies ist ein sparsamer Umgang mit Ressourcen und sollte in meinen Augen von Architektur geleistet werden. Der technische Aspekt spielt dabei auch eine Rolle, für mich allerdings eine untergeordnete.

Welche Materialien bevorzugen Sie für Ihre Architektur und warum?

Ich arbeite mit einfachen natürlichen Materialien. Den Einsatz von Sichtbeton finde ich sehr spannend und versuche ihn häufig zu verwirklichen. In Zusammenarbeit mit den Betonwerken lasse ich eine Vielzahl von Probewürfeln fertigen, um die spezielle gewünschte Farbnuance zu erlangen. Mir geht es dabei um die Erzeugung eines angenehmen Warmtones, den ich durch einen ganz speziellen Sand erreiche. Somit entsteht ein natürlich gefärbter Beton. Für Sichtbeton ist es sehr wichtig, den gesamten Prozess zu kennen, wie die Fugen am besten abzudichten sind, welches Schalöl verwendet werden sollte usw. Bei einem aktuellen Projekt verwenden wir anthrazit durchgefärbte Sichtbetonfertigteile, die mit einer Kunststoffschalung erstellt werden. Um eine Gleichmäßigkeit zu erreichen, werden die Zuschlagstoffe auf ein Gramm mit einer Apothekerwaage abgewogen. Der Reiz beim Sichtbeton liegt für mich immer in der handwerklichen Ausstrahlung. Der Prozess des Erschaffens bleibt sichtbar erhalten. Es wird keine Hülle übergestülpt. Durch meine Architektursprache, die sehr oft von horizontalen Elementen lebt, ist der Einsatz von Beton unabdingbar. Sehr gerne setze ich auch Natursteine ein, die in ihrer Oberfläche immer einen matten Charakter behalten. Zu den harten Materialien kombiniere ich gerne Holz, das auftreffende Licht erhält automatisch eine warme Ausstrahlung. Insgesamt arbeite ich gerne mit kontrastreichen Materialaussagen. So auch mit rauen Oberflächen, beispielsweise eines gebrochenen Betonsteines, zu glatten Flächen wie Sichtbeton. Für geputzte Flächen verwende ich immer Kalkzementputze, weil ich die leichte Körnung in der sich das Licht bricht und den Charakter des handwerklichen schätze. Auch geringe Unebenheiten finde ich eher sympathisch als eine ganz perfekte glatte Oberfläche.

Sind die Materialien der Gegenwart auch die der Zukunft? Oder was kommt auf uns zu?

Für mich sicherlich. Es wird in einigen Bereichen immer wieder Veränderungen und Verbesserungen geben. Neuerungen wie zum Beispiel selbstverdichtender Beton in den letzten Jahren. Ich denke, dass sich bei den Kunststoffen noch einiges tun wird. Durch meinen sehr traditionellen Ansatz wird sich in meinem Umgang mit den Materialien allerdings absehbar nicht viel verändern.

Wie beurteilen Sie das gemeinsame Potential von Architektur und Industrie?

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Architekten und Industrie halte ich für äußerst wichtig. Der Architekt arbeitet am direktesten mit den Bedürfnissen der Bauherren und kann seine Erfahrungen an die Industrie weitergeben. Für die Industrie ist es ebenso wichtig, wie für die Architekten auch, Nischen zu bedienen. Ich muss als Architekt auch auf Produkte zurückgreifen können, die wider des Mainstream sind. Es sollte auch ein Potential erkannt werden, wenn die Gedankengänge andere sind als gewöhnlich. Also nicht nur die Masse bedienen, sondern auch Besonderheiten erkennen. Es muss ein befruchtendes Miteinander geben.

Welche Rolle spielt das Bad in Ihrer Architektur?

Das Bad stellt für mich einen ganz entscheidenden Teil eines Hauses dar. Ich finde die Gedanken aus anderen Kulturen, wo das Reinigen einen anderen, bewussteren Charakter als bei uns hat, sehr angenehm. Bei meinen Entwürfen versuche ich, die verschiedenen Funktionen des Bades durch Zonierungen herauszuarbeiten. Das Bad fasse ich nicht als einen geschlossenen Raum auf. Ansätze aus südlichen Ländern, die wesentlich offener mit der Thematik umgehen, sind mir sehr sympathisch. Eine Dusche kann einfach offen hinter einer Wandscheibe angeordnet sein. Auch im Bad setze ich meine Grundgedanken der Einfachheit konsequent um. Klare Ordnungen und eine hohe Funktionalität sind dabei selbstverständlich.

 Welches Potential geben Sie dem Bad der Zukunft?

Ich glaube, der Weg zum Wellnessbad wird weitergehen. Wir werden noch bewusster mit unserer Freizeit umgehen. Das betrifft auch den Bereich Bad. Die Räume für die Bäder werden an Größe zunehmen. Entsprechend wird der Anspruch an die Bäder beispielsweise auch in Hotels noch steigen. Der Standard wird deutlich verbessert werden. Es gibt in dieser Richtung ein großes Potential, das ausgeschöpft werden kann. Thematisch glaube ich, dass auch wir noch offener mit dem Bad umgehen werden. Ich möchte, trotz aller technischen Neuerungen und Weiterentwicklungen, den sinnlichen Ansatz beibehalten.

Was für eine Meinung haben Sie zu Professor Arne Jakobsen? Was kennen Sie von ihm?

Schon zu meiner Studienzeit war ich von den Entwürfen begeistert. In Hannover besucht man natürlich seinen Pavillon in den Herrenhäuser Gärten. Seine Entwürfe im Bereich Design umgeben uns ständig. Jeder Architekt kennt die Objekte in und auswendig. Das gesamtheitliche Denken finde ich sehr beeindruckend. Einer seiner imposantesten Bauten, neben dem SAS-Hochhaus, ist für mich seine Texaco Tankstelle in Skovshoved. Sehr expressiv und eine imposante Geste.

Was sind Ihre Argumente, sich für den Designklassiker Vola zu entscheiden?

Neben der hochwertigen Verarbeitung ist für mich der formale Aspekt ausschlaggebend. Die Proportionierung und Reduktion sind phantastisch. Der Grad der Vereinfachung ist nicht zu steigern. Das gesamte Programm in Edelstahl auszuführen, ist aus meiner Sicht genau der Schritt in die richtige Richtung. Die Formensprache von Vola setzt meine Bilder, die ich im Kopf habe, exzellent um. Die Einfachheit eines Trinkbrunnens oder  Wasser, das einfach aus der Wand läuft. Die Armaturen sind sicher hochpreisiger als andere Produkte, doch sie sind von bleibender Schönheit. Auf die Gesamtsumme eines Projektes ist der Mehrpreis als geringfügig einzustufen. Mit diesem Argument kann ich meine Bauherren meistens überzeugen.

Vola könnte Ihrer Meinung nach noch erfolgreicher werden, wenn .....

der Kontakt zu den ausführenden Firmen verstärkt wird. Die Erfahrung zeigt, dass besonders im Bereich Sanierungen größtenteils ohne Architekten gearbeitet wird. Die ausführenden Sanitärfirmen geben den Kunden Vorschläge für die Armaturen. Vola hat hier noch nicht die Selbstverständlichkeit im hochwertigen Ausbau erreicht, die ihr zukommen müsste. Bei meinen Bauherren stelle ich verstärkt den Wunsch nach einer großformatigen Kopfbrause fest, die wir von anderen Herstellern mit Vola kombinieren müssen. Es wäre sicher ratsam, das Vola-Programm in dieser Hinsicht zu erweitern.

Was macht den Standort Hannover so attraktiv für Sie?

In Hannover selbst habe ich mit meinem jetzigen Atelier bislang erst ein Projekt verwirklicht. Meine Arbeiten bei Dieter Neikes am Pelikan Viertel oder Alten Rathaus mal ausgeschlossen. Architektonisch finde ich Hannover nicht sehr reizvoll. Es werden immer die gleichen Architekten bei öffentlichen Aufträgen beteiligt. Die Offenheit für den Nachwuchs ist ziemlich gering. Sehr viele eingefahrene alte Verstrickungen. Wenn bei Neubauten Mittelmaß erreicht wird, ist das schon viel wert. Für diesen Teil empfinde ich Hannover keineswegs als sehr attraktiv. Hannover ist allerdings ein Ort, an dem es sich sehr gut leben lässt. Ich schätze die zentrale Lage. Der Weg nach Berlin, Hamburg oder Köln ist nicht weit und das ist sicher ein großer Vorteil.

Ihr lebendes Architekten Vorbild?

Ein direktes Vorbild habe ich nicht. Aber es gibt natürlich Architekten, die ich sehr schätze. Das sind sicher die, bei denen Parallelen zu meinen Gedanken erkennbar sind. Die Sinnlichkeit eines Peter Zumthors begeistert mich, die Einfachheit bei John Pawson, aber auch das Skulpturale und die Aussagekraft von Beat Consoni. Natürlich ist auch der Umgang mit Licht eines Tadao Ando für mich faszinierend. Es gibt allerdings auch junge Büros wie wir, die ich sehr schätze, beispielsweise Marte.Marte.

Ihre Lieblingskünstler?

Da gibt es schon einige. Donald Judd finde ich sehr beeindruckend. Ebenso Yves Klein und Mark Rothko. Die samtige Farbgebung von Rothko ist jedes Mal auf´s Neue faszinierend. Sehr inspirierend finde ich auch die Kreativität von Jasper Johns. Zu vergessen auch nicht Gerhard Richter und Gerhard Merz. Die Ausstellung von Gerhard Merz im Kunsthaus Bregenz fand ich sehr gelungen. Der Austausch mit Künstlern ist mir grundsätzlich sehr wichtig und gibt mir neue Gedanken. Bemerkenswerte junge Künstler sind Ingmar Alge und Tim Eitel.

 

Das Interview führte Frau Sabine Gotthardt, Marketing der  Vola GmbH

 

Das Interview ist erschienen in der Publikation der Vola GmbH unter dem Titel:

V o l a   t a l k s    - 

 V o l a    i m   G e s p r ä c h   m i t    f ü h r e n d e n    A r c h i t e k t e n   D e u t s c h l a n d s

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